Ausgangsbeschränkungen bedeuten Stress für Kinder

Aichacher KJF-Expertin gibt Tipps, wie Eltern jetzt Sicherheit und Geborgenheit vermitteln
Die KJF Erziehungsberaterin erklärt, wie Eltern ihren Kindern in diesen außergewöhnlichen Zeiten Sicherheit vermitteln können. Foto: KJF/Carolin Jacklin
Die KJF Erziehungsberaterin erklärt, wie Eltern ihren Kindern in diesen außergewöhnlichen Zeiten Sicherheit vermitteln können. Foto: KJF/Carolin Jacklin
4. Mai 2020

Seit mehr als sieben Wochen sind Kindertagesstätten und Schulen nun schon geschlossen und die Familien seitdem unter sich. Die andauernden Ausgangsbeschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie treffen Kinder in besonderer Weise. Sie können weder Klassenkameraden, Freunde noch Großeltern treffen und müssen viel Zeit zuhause verbringen. Außerdem spüren viele von ihnen eine wachsende Unsicherheit, die sich unter ihren Eltern ausbreitet. Was macht das mit Kindern? „Die Situation konfrontiert Kinder und Jugendliche mit ganz neuartigen Anforderungen, für die sie noch keine Routinen und Lösungsstrategien entwickelt haben. Genau wie Erwachsene können auch Kinder dies als Stress und Verunsicherung erleben und entsprechend reagieren“, erläutert Friederike Krisch von der KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung Aichach. Wird die psychische Belastung zu hoch, reagieren sie häufig mit Ängsten, aggressiven Verhaltensweisen, starken Stimmungsschwankungen, Schlaf- und Aufmerksamkeitsstörungen oder auch körperlichen Symptomen wie Bauch- und Kopfschmerzen. Was können Eltern tun?

In schwierigen Situationen richten besonders kleinere Kinder sich sehr nach der Reaktion der Eltern. „Das soll den Eltern jetzt nicht zusätzlichen Druck machen, sondern sie eher ermutigen, zwischendurch auch eine Regenerationszeit für sich selbst einzuplanen. Und wenn es nur zehn Minuten sind, in denen sie sich bewusst mit einem Kaffee hinsetzen oder mit einer Freundin oder einem Freund telefonieren“, rät Friederike Krisch. So können Eltern an anderer Stelle wieder in Ruhe für ihre Kinder da sein und deren Bedürfnisse in den Blick nehmen. „Wer kennt das nicht – je gestresster man ist, umso mehr scheinen die Kinder zu brauchen, sei es Aufmerksamkeit, Zuwendung, einen Zuhörer, einen Spielpartner, emotionale Beruhigung...“ Die KJF Erziehungsberaterin erklärt, dass Kinder spüren, wenn durch Belastung der Eltern eine emotionale Distanz entsteht, und sie dann häufig unbewusst versuchen durch ein schwieriges Verhalten oder Probleme den Kontakt herzustellen.

Zudem müssen Eltern gerade alle sozialen Funktionen im Leben der Kleinen abdecken, die sich sonst auch auf Schulen, KiTas, Freunde und Verwandte verteilen. Dazu kommt häufig noch die Arbeit im Homeoffice oder auch die Sorge um die Zukunft im Job. „Deshalb ist es umso wichtiger, dass Eltern sich auch um sich selbst kümmern“, sagt Friederike Krisch. Sie ergänzt, dass sich auch bei Jugendlichen viel verändert: „Sie haben oft schon viel mehr Selbstständigkeit und Unabhängigkeit von den Eltern gelebt und sollen diese jetzt als Lehrer-Ersatz und Wächter der Corona-Regeln akzeptieren. Als Spielpartner kommen die Eltern für die Jugendlichen in der Regel nicht in Betracht. Insgesamt widerspricht die Situation völlig dem völlig normalen Autonomiebedürfnis der Heranwachsenden. Hier hilft es manchmal, den Jugendlichen klar zu machen, dass man mit ihnen in einem Boot sitzt und bestimmte Dinge in irgendeiner Weise gemeinsam bewältigt werden müssen, wie zum Beispiel die Hausaufgaben.“ Die Jugendlichen einzuladen, gemeinsam eine Lösung zu finden und ihre Vorschläge auch ernst zu nehmen, kann oft etwas bewegen. Darüber hinaus ist es auch notwendig ihnen Rückzugsmöglichkeiten und Privatsphäre zu lassen. „Ab und zu Angebote zu machen und zwischendurch mal nachzufragen, ist natürlich trotzdem wichtig. Wenn ältere Kinder dann aber nicht immer gesprächsbereit sind, sollten Eltern das nicht persönlich nehmen“, so die Erziehungsberaterin.

Es ist für alle, Kinder wie Eltern, keine einfache Zeit und es ist viel Geduld auf allen Seiten erforderlich. KJF Erziehungsberaterin Friederike Krisch hat mit ihrem Team der Beratungsstelle für Eltern in dieser belasteten Situation einige Tipps zusammengestellt.

Fünf Tipps, wie Sie Ihren Kindern in der Corona-Krise das Gefühl von Sicherheit geben:

  • Sortieren Sie bei all den Ratgebern und Vorschlägen gut aus, was zu Ihrer individuellen Situation passt! Weniger ist dabei mehr – setzen Sie nur etwas um, das sich für Sie und Ihre Familie stimmig anfühlt.
  • Finden Sie heraus, wie Sie trotz der schwierigen Situation kleine „Inseln“ schaffen können. Was gibt Ihnen Kraft und Energie? Wodurch können Sie auftanken? Das ist die Voraussetzung, damit Sie später wiederum Stresssignale Ihres Kindes frühzeitig erkennen und angemessen darauf reagieren können. Versuchen Sie diese Insel genauso ernst zu nehmen wie beispielsweise die Hausaufgaben Ihres Kindes.
  • Nehmen Sie sich immer mal wieder bewusst ein wenig Zeit, den Kindern nahe zu sein und zu spüren, was in ihnen vorgeht oder was sie gerade brauchen. Das können bei den Kleineren häufigere Umarmungen oder Kuschelzeiten sein, es kann aber auch heißen, dass Sie nur „dabei sind“ und mit Interesse das Spiel des Kindes verfolgen oder ein offenes Ohr für die Größeren zu haben, wenn sie etwas erzählen möchten. 
  • Versuchen Sie Alternativen für die sozialen Kontakte zu finden. Rufen Sie gerade bei den Kleineren gemeinsam mit Ihrem Kind mal den besten Freund, die Oma oder eine andere wichtige Bezugsperson per Videochat an. So Zeigen Sie Ihrem Kind, dass die lieben Menschen im Umfeld alle noch da sind. Wenn Jugendliche ihre Kontakte über die sozialen Medien aufrecht erhalten, kritisieren Sie diese ausgedehnte Handy-Zeiten nicht jeden Tag, sondern besprechen Sie, wo Ihre „Schmerzgrenze“ liegt, beziehungsweise welche anderen Tätigkeiten Sie erwarten.
  • Falls noch nicht geschehen, erklären Sie Ihrem Kind die Hintergründe der Kontaktbeschränkungen. Eine Situation, die das Kind verstehen kann, fühlt sich weniger beunruhigend an. Der Mundschutz sieht für viele sicherlich befremdlich aus. Eltern können ihre Kinder darauf aufmerksam machen, wie viel einem die Augen verraten und dass man sogar mit den Augen lächeln kann.

 

Krisentelefon der KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung Aichach

Für Eltern und Kinder in schwierigen Situationen hat die KJF Kinder- und Jugendhilfe Wittelsbacher Land ihre Telefon- und Onlineberatung ausgeweitet. Das Angebot ist kostenlos. Eltern erreichen das Sekretariat zur Vereinbarung eines zeitnahen Telefontermins von Montag bis Donnerstag jeweils zwischen 8.15 und 12.00 Uhr sowie Dienstag und Mittwoch zusätzlich zwischen 13.30 und 17.00 Uhr unter Telefon 08251 204040 und E-Mail . Zusätzlich kann auch die anonyme Onlineberatung unter www.caritas.de/onlineberatung genutzt werden.

Katholische Jugendfürsorge der Diözese Augsburg e.V. (KJF)

Die KJF Augsburg ist einer der größten Anbieter für Gesundheits-, Sozial- und Bildungsdienstleistungen in Bayern. Seit 1911 bietet das Sozialunternehmen vor allem Kindern, Jugendlichen und Familien mit rund 80 Einrichtungen und Diensten Lösungen für die verschiedensten individuellen Bedürfnisse an: in der Kinder- und Jugendhilfe mit Kindertagesstätten, Stationären Wohnformen oder Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung; in Berufsbildungs- und Jugendhilfezentren, durch Angebote für Beruf und Arbeit sowie Integrationsunternehmen und -dienste; in der Medizin mit mehreren Kliniken; in verschiedenen Schulen. Darüber hinaus bildet die KJF Augsburg kontinuierlich annähernd 500 Fachkräfte für soziale und medizinische Berufe aus.
Als christlicher Verband katholischer Prägung ist für die KJF und ihre rund 5.800 Mitarbeiter jeder Mensch wertvoll, unabhängig von Herkunft, Status, Religion oder Kulturkreis. Vorstandsvorsitzender ist Markus Mayer, Vorsitzender des Aufsichtsrates Domkapitular Armin Zürn.

Weitere Informationen zur KJF finden Sie unter www.kjf-augsburg.de. Aktuelle Videos gibt es im YouTube-Kanal auf www.youtube.com/kjfaugsburg.