Wie viel „kein Bock“ ist noch normal?

Erziehungsberaterin aus Neu-Ulm gibt Eltern Tipps zur Antriebslosigkeit in der Pubertät.
Mit einer „Kein-Bock“-Haltung zeigen Pubertierende ihren Eltern oft ein wichtiges Bedürfnis an: Sie brauchen Zeit und Ruhe. Foto: Adobe Stock
21. Juni 2023

„Kein Bock“: Das hören Eltern von pubertierenden Kindern häufig. Oft sind sie dann selbst genervt von ihrem Nachwuchs, der mitunter gar nichts auf die Reihe zu bekommen scheint. Auf nichts Lust zu haben, ist für Jugendliche in der Pubertät aber ganz normal. Das antriebslose Verhalten hängt mit hormonellen Umstellungen im Körper zusammen. Zusätzlich kommt es im Gehirn der Heranwachsenden zu umfangreichen Veränderungen. Diese Baustellen im Körper kosten Energie. Eltern bemerken dies zum Beispiel in Form eines erhöhten Schlafbedürfnisses und eines veränderten Schlafrhythmus der Jugendlichen. Pubertierende sind sehr viel müder als Erwachsene und brauchen mehr Zeit und Ruhe. Dieses Bedürfnis äußert sich nicht selten in einer „Kein-Bock“-Reaktion.

„Mit dieser Antriebslosigkeit umzugehen, ist für Eltern keine leichte Aufgabe“, sagt Sabine Grau von der KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung Landkreis Neu-Ulm. „Zusätzlich reagieren Jugendliche unter anderem aufgrund der Veränderungen im Gehirn oft impulsiv und unüberlegt. So kann fehlende Motivation für die Schule oder auch mangelnde Mithilfe im Haushalt schnell zu einem Streit führen.“ Sabine Grau rät: „Das Zauberwort in der Erziehung von Jugendlichen ist und bleibt die Beziehung. Das bedeutet natürlich nicht, dass Eltern jegliche Strukturen oder das Setzen von verlässlichen Grenzen aufgeben sollen. Aber es bedeutet mehr denn je, dass die Jugendlichen mit einbezogen werden müssen. Anstatt zu kritisieren oder zu schimpfen, überlegen Sie mit ihnen gemeinsam, wie Ziele erreicht werden können. Meist sind Jugendliche selbst schon ihre eigenen größten Kritiker und mit der Situation unzufrieden – ein Gesprächsangebot in einem ruhigen Moment wirkt da oft Wunder.“

So können Eltern reagieren:

  • Gemeinsam Lösungen finden: Oft möchten Jugendliche selbst etwas gegen ihre mangelnde Motivation tun und haben gute Ideen, was ihnen helfen würde. In einem Moment, in dem kein Streit herrscht, können Eltern das Gespräch suchen und Lösungen besprechen. Mütter und Väter können zum Beispiel bei unerledigten Aufgaben mit dem Nachwuchs vereinbaren, dass Erinnerungen an diese keine Kontrolle, sondern eine Hilfestellung sind und besprechen, wie dies möglichst reibungsfrei ablaufen kann.
  • Vorwürfe vermeiden: Mit vorwurfsvollen Kommentaren sollten Eltern vorsichtig sein. Abwertende Aussagen führen meist dazu, dass Jugendliche noch demotivierter werden oder eine Abwehrhaltung einnehmen.
  • Vertrauen haben: Eltern fällt es oft schwer, die Antriebslosigkeit des Nachwuchses gelassen zu nehmen. Erinnern sie sich aber an ihre eigene Pubertät zurück, erkennen sie oft, dass ihr Kind nicht anders oder schlimmer ist, als sie es selbst waren. Es hilft, wenn Eltern darauf vertrauen, dass ihr Kind die Fähigkeiten hat, sich weiterzuentwickeln.
  • Auf Warnzeichen achten: Die Antriebslosigkeit überschreitet ein natürliches oder vertretbares Maß, wenn sich Heranwachsende sozial isolieren und sich zum Beispiel von Freunden oder Interessen, die sie früher begeistert haben, abwenden. Auch wenn sie über einen längeren Zeitraum keinerlei Freude mehr an Aktivitäten zeigen, sondern nur noch niedergeschlagen sind, sollten Eltern aufhorchen. Weitere Warnsignale sind ein deutlicher schulischer Leistungsabfall, ein stark verändertes Essverhalten oder Selbstverletzungen. In diesen Fällen sollten Eltern aufmerksam werden und sich professionelle Hilfe suchen, zum Beispiel bei Ärzt*innen oder Therapeut*innen für Kinder und Jugendliche oder der KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung.

Info: An über 25 Orten in Schwaben, im Allgäu und im Bayerischen Oberland helfen die KJF Erziehungsberater*innen bei allen Fragen rund um Erziehung und Familienalltag unkompliziert und kostenfrei weiter. Sie unterliegen der Schweigepflicht. 
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