25 Jahre Recht auf gewaltfreie Erziehung

Aichacher Erziehungsberaterin Elena Passavant erklärt, was Familien dabei hilft, Gewalt zu beenden
Symbolbild: Damit aus dem Kinderrecht auf gewaltfreie Erziehung auch Realität wird, stärkt die KJF Augsburg Familien mit Angeboten wie der KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung Aichach-Friedberg. Foto: Adobe Stock
27. November 2025

Fast jede und jeder Dritte hält auch im Jahr 2025 einen Klaps auf den Hintern für eine angemessene Strafe. Das zeigt eine aktuelle, repräsentative Befragung der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Universitätsklinikum Ulm (UKU) in Kooperation mit UNICEF Deutschland*. Dabei gilt seit November 2000: Kinder haben das Recht auf gewaltfreie Erziehung – verankert im Bürgerlichen Gesetzbuch BGB (§ 1631, Abs. 2). Damit aus dem Recht auch Realität wird, stärkt die Katholische Jugendfürsorge der Diözese Augsburg e. V. (KJF Augsburg) Familien mit Angeboten wie der KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung.

„Wir möchten das 25-jährige Jubiläum nutzen und auf die Relevanz des grundlegenden Kinderrechts gegen Gewalt in der Erziehung aufmerksam machen“, so Daniel Kiesel, stellvertretender Vorstandsvorsitzender und Vorstand Soziales der KJF Augsburg. „Die KJF Augsburg und ihre Einrichtungen und Dienste setzen sich stark für Kinderrechte ein. Dies geschieht sowohl in der täglichen Arbeit mit Kindern, als auch durch die Stärkung von Familien. So erhalten Familien beispielsweise in den KJF Erziehungsberatungsstellen Hilfe, um aus Gewalt und negativen Erziehungsmustern herauszukommen.“

Wenn Eltern an ihre Grenzen kommen
Die Erfahrung der KJF Erziehungsberatungsstellen zeigt: Die meisten Eltern möchten ihre Kinder gewaltfrei und wertschätzend erziehen. Doch im Alltag läuft es mitunter anders als Eltern es sich vorgenommen haben – vor allem, wenn sie unter Stress und Druck stehen. Eltern überschreiten ihre eigenen Grenzen, wissen nicht mehr weiter oder alte Muster aus der eigenen Kindheit werden unbewusst aktiviert. Vielen Eltern fehlt zudem die Erfahrung, wie sie Konfliktsituationen anders lösen können. In der KJF Erziehungsberatung erhalten Eltern Unterstützung und Begleitung. Die Beratung ist ein sicherer Ort, an dem Eltern unter Schweigepflicht offen über solch schwierige Situationen sprechen können. Ziel ist es, mit den Eltern gemeinsam Lösungen zu finden und Wege aus der Gewalt zu entwickeln.

Was Eltern in Akutsituationen tun können
Elena Passavant von der KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung Aichach-Friedberg rät: Eltern sollten eine eskalierende Situation bewusst unterbrechen, bevor sich Überforderung in Gewalt entlädt. Das ist schwierig, da oft automatische Reaktionen ablaufen und es erfordert Übung, anders zu reagieren.

„Viele Eltern glauben, sie müssten Konflikte mit ihren Kindern sofort klären. Doch in Momenten großer Anspannung ist weder Kommunikation noch Lösungsfindung möglich“, erklärt die Aichacher Erziehungsberaterin. „Das Wichtigste ist zunächst, den inneren Alarmknopf zu bemerken und innezuhalten. Erst wenn der eigene Körper wieder herunterfährt, kann man ruhig reagieren.“ Praktisch bedeutet das: Kurz aus der Situation / dem Zimmer gehen, tief durchatmen, Wasser trinken und dem Kind kurz erklären, was gerade passiert. Zum Beispiel: „Ich bin gerade sehr wütend und brauche einen Moment, um ruhig zu werden. Wir sprechen gleich weiter.“ Eine Pause schafft Abstand – die Gefühle bleiben, aber die Handlung lässt sich stoppen und der Erwachsene übernimmt Verantwortung dafür, die Situation zu beruhigen.

Ein wichtiger Schritt ist auch, sich bei den Kindern zu entschuldigen, wenn es trotz aller Bemühungen zu Gewalt gekommen ist. Kinder lernen am Vorbild, wie man Verantwortung für das eigene Handeln übernimmt und wieder in Beziehung geht. 

„Jede Mutter und jeder Vater braucht andere Wege, um aus der Eskalation auszusteigen“, betont Frau Passavant. „Wir unterstützen dabei, herauszufinden, was hilft und welche Alternativen im Alltag funktionieren.“

Unterstützung in Ihrer Nähe
In Aichach und Kissing sowie an über 25 Orten in Schwaben, im Allgäu und im Bayerischen Oberland helfen die Erziehungs-, Jugend- und Familienberaterinnen und -berater der KJF Augsburg bei allen Fragen rund um Erziehung und Familienalltag unkompliziert und kostenfrei weiter. Sie unterliegen der Schweigepflicht.

KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung Aichach-Friedberg, Schlossplatz 5, 86551 Aichach, Telefon: 08251 204040, E-Mail: eb.aichach@kjf-kjh.de. Mit Außenstelle in Kissing.
Zusätzlich kann die anonyme Onlineberatung unter www.caritas.de/onlineberatung genutzt werden.

Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung der KJF Augsburg
Im Regierungsbezirk Schwaben bietet die Katholische Jugendfürsorge der Diözese Augsburg e. V. (KJF Augsburg) fast flächendeckend Erziehungs-, Jugend- und Familienberatungen an. Auch im angrenzenden Bezirk Oberbayern sind die Beraterinnen und Berater im Landkreis Weilheim-Schongau präsent. Aktuell sind die Fachberaterinnen und -berater der KJF Augsburg jährlich mit rund 18.000 Personen im direkten Beratungskontakt.
Besondere Beratungen wie Schreibabyberatung oder „Kinder im Blick“-Kurse für Elternteile in Trennung gehören in zahlreichen Landkreisen zum Angebot – über klassische Erziehungsberatung hinaus. In fünf Landkreisen gibt es explizit eine Fachstelle gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen.

Alle Standorte und Ansprechpersonen der Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung der KJF Augsburg finden Sie auf der Website der KJF Kinder- und Jugendhilfe.


*Quelle: www.uniklinik-ulm.de/aktuelles/detailansicht/tag-der-gewaltfreien-erziehung-2025-akzeptanz-koerperlicher-bestrafung-auf-historischem-tiefpunkt.html